Vollständiger Inflationsausgleich – auch im Niedriglohnbereich!

An die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wiederwahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar 2023

Stellungnahme des Gewerkschaftlichen Aktionsausschusses vom 6. Januar 2023

Vollständiger Inflationsausgleich für alle – auch für die Beschäftigten im Niedriglohnbereich!

Mindestens 500 Euro monatlich mehr für die Reallohnsicherung!

„Inflationstreiber sind der Krieg, die Sanktionen und die Preistreiberei markt-mächtiger Unternehmen,“ schreibt ver.di in seinen wirtschaftspolitischen Informationen vom Oktober 2022. Die von der Bundesregierung beschlossenen 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr konnten sofort mobilisiert werden, während den Beschäftigten im letzten Jahr erneut ein Reallohnverlust aufgezwungen wurde.

Für die allermeisten Beschäftigten im Niedriglohnbereich bedeutet die Inflation nicht 10 Prozent weniger Geld, sondern eher 20 Prozent, denn es sind die Preise für Lebensmittel, Heizung, Strom, Benzin Energie und Dinge des täglichen Lebens, welche die Menschen mit unteren und selbst mittleren Einkommen am meisten belasten.

„Für Menschen mit mittleren und geringen Einkommen wird das nächste Jahr [2023] eine Katastrophe, denn es wird nächstes Jahr ja nicht besser, sondern noch mal schlechter“, so Marcel Fratzscher, Leiter des DIW, in einem Interview mit dem rbb24-Inforadio am 6. Dezember 2022.

Diese Prognose trifft zweifelsohne nicht nur auf die Menschen in der privaten Wirtschaft zu, sondern auch für die meisten Beschäftigten in den ausgegründeten landeseigenen Betrieben und in vielen sozialen und kulturellen Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge in Berlin.

In der Krise erweisen sich die Erfolge, die in den Bereichen prekärer Beschäftigung durch gewerkschaftliche Organisierung, Aktionen und Streiks erreicht wurden, als nicht mehr tragfähig genug, um die Menschen vor dem sozialem Absturz und der Bedrohung ihrer Existenz zu bewahren.

Es zeigt sich heute, wie fragil die Fortschritte z.B. durch Haustarifverträge und verbesserte Honorarordnungen – dort wo sie erreicht wurden – in Zeiten der galoppierenden Inflation sind.

Die in ver.di organisierten Kolleginnen und Kollegen der Charité Facility Management (CFM haben es in einer Resolution am 14.12.2022 auf den Punkt gebracht:

„Unser Ziel war es, den Abstand zum TVöD zu verringern. Nun wird sich die Schere unserer Löhne zu denen des TVöD weit öffnen, weiter als jemals zuvor.“

Da wo Tarifverträge erreicht werden konnten, gelten zumeist sehr lange Laufzeiten (z.B. bei der CFM bis zum 31.12.2024). Die Kolleginnen und Kollegen können nicht so lange warten, bis sich etwas bei ihren Löhnen bewegt. Einmalzahlungen der Bundesregierung sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Trostpflaster.

Können die politisch Verantwortlichen im Land Berlin darüber hinwegsehen?

Zum Zeitpunkt der Abgeordnetenhauswahl im September 2021 hatte die Inflation gerade erst begonnen – mit damals 4,1 Prozent. Knapp 17 Monate danach haben wir bereits mehrere Monate mit einer Teuerungsrate um die 10 Prozent hinter uns.

Es darf nicht sein, dass diese für Menschen im Niedriglohnbereich dramatische Entwicklung des Reallohnverlustes unausweichlich hingenommen wird.

Im Januar beginnen die Verhandlungen in der TVöD-Tarifrunde. Nicht umsonst steht neben der Forderung nach 10,5 Prozent die Forderung nach „mindestens 500 Euro monatlich mehr“ – jeweils tabellenwirksam – im Zentrum der gewerkschaftlichen Forderungen.

Die „mindestens 500 Euro monatlich mehr“ sind das, was die unteren und mittleren Einkommen vor sozialem Absturz schützt. Diese Forderung stellen eine Richtschnur für alle Bereiche im Niedriglohnsektor dar.

Wir unterstützen deshalb die Forderung der Betriebsversammlung der Vivantes-Tochtergesellschaften vom 24.11.2022: „Wir fordern als ersten Schritt die sofortige Übertragung des Abschlusses der TVöD-Runde für die Töchter…“

Da, die laufenden Tarifverträge (und Honorarordnungen) die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr vor einem rasanten Reallohnverlust schützen, gibt es bei der CFM die Forderung der ver.di-Tarifkommission und der ver.di-Betriebsgruppe an die Geschäftsführung, Verhandlungen über die Forderungen, die in der TVöD-Tarifrunde aufgestellt worden sind, aufzunehmen – speziell für mindestens 500 Euro monatlich mehr, tabellenwirksam. „Das Abgeordnetenhaus und der Senat können die notwendige Finanzierung – wenn notwendig – durch Gesellschafterweisung durchsetzen“, heißt es in ihrer Resolution.

Prekäre und Niedriglohnverhältnisse in ausgegründeten Betrieben und Einrichtungen in Landesverantwortung dürfen sich nicht wieder ausweiten.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Das Bekenntnis zu diesem Prinzip steht auch im Koalitionsvertrag vom 29. November 2021. Wir fragen: Soll das eine Worthülse oder ein leeres Versprechen bleiben?

TVöD/TV-L für Alle!

Das schafft gleichwertige Lebensbedingungen für alle Beschäftigten in Landesverantwortung.

Im Koalitionsvertrag des rot-grün-roten Senats von 2021 heißt es auch: „Ausgründungen mit der Folge der Tarifflucht, der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und des Lohndumpings wollen wir schrittweise zurückführen“.

Wir fragen: Wann passiert endlich die Umsetzung des Abgeordnetenhausbeschlusses von 2019 hinsichtlich der Vivantes-Töchter – und für die vergleichbaren Ausgründungen in Landesverantwortung ebenso.

Die Rückführung der ausgegründeten Tochterfirmen bleibt das Ziel, um endlich normale Verhältnisse herzustellen!

Im Koalitionsvertrag wird davon gesprochen, dass der zukünftige Senat dem Abgeordnetenhaus „im ersten Jahr einen Bericht vorlegt, der die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen beschreibt und einen Zeitplan zur Umsetzung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses aus der letzten Legislatur beinhaltet.“

Wir fragen: Wo ist dieser Bericht? Wir kennen ihn nicht.

Für die Ausfinanzierung der Tarifverträge und Honorarordnungen stehen Abgeordnetenhaus und Senat in der Verantwortung und die Rückführung der ausgegründeten Bereiche in Landesverantwortung liegt in ihrer Hand.

Unsere Frage an die Kandidatinnen und Kandidaten für das Berliner Abgeordnetenhaus lautet deshalb:

Was werden Sie konkret und unmittelbar unternehmen, um in allen Bereichen in Landesverantwortung die Beschäftigten vor den katastrophalen Folgen der Inflation zu schützen?

Die Stellungnahme als PDF-Datei befindet sich hier.